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Gedichte

Der Wächter

Es hat dreimal
gekräht
Das Wasser fiel in den Brunnen.
Die Krähe ward zum Hahn.
Das Kind ist bereits im Bade.
Der Kaffee verkocht.
Die Blume defloriert.
Die Knospe gebrochen,
Der Dorn im Fleisch,
Zwei Augen geschlossen,
Das Wissen verwaist,
Gewacht die Nacht,
Das Rot verblasst,
Verwelkt der Tag
Noch eh er beginnt
Drei mal vier Augen
Sind sich begegnet.
Drei fragende Münder,
Die Pforte verschlossen.

Bruno Griesel, Villa Rossa, August 98

Liebe ist Gesetz

Es kann bei der liebe
Keine Ent-Scheidung geben,
Da sie die Zu-Sammenführung
Der Ent-Scheidung des
Getrennt-Seins ist.

Die Wege des Holzes I

Die Frau – Die Sehnsucht – Des Mannes
Die Frau – Das Kind – Der Mann
Die Frau
Aus Der Traum des Mannes
Das Kind – aller Sehnsucht
Ende
Gnade, Tod und Erfüllung
Ständige Hast.
Die Nuss ist gesprengt
Das Innere nach aussen
Gekehrt.
Die Schale ein treibendes
Boot
Die Nuß, das Innere geteilt
Durch 4, gleich dem
Inneren des Herzens,
In 4 Kammern, gleich
Der Welt.
Zwei Hälften treiben
In sich geteilt auf
Offenem Meer.
Die Nuss, das Boot und
Das Ei – Tod und Sehn-
Sucht im Meer.

Die Wege des Holzes Adam II

Das Kind – Die Schnecke

Das Eichhörnchen der
Regenbogen und das Haus
Sind untergegangen im
Gewitter des Einhorns.
Die Nadel im Herzen ist
Der Kompass auf
Offenem Meer.
Das Werk ist vollbracht.
Die Sucht sehnt sich
Zurück, der Anfang
Vererdet, das Wasser
Verschlammt.
Das Ende entblösst.
Die Klammern im Korb
Des lachenden Kindes.
Die Waben der Bienen
Als Böden der Füsse,
Das Feuer des Drei-
Fachen Sterns in
Der linken Hand
Das kind singt...

Die Wege des Holzes Adam III

Verbracht ist die zeit,
Der Baum verblüht,
Das Holz geschlagen.
Das Holz ist die Tür,
Das Fenster im Kreuz vernagelt.
Hinter der Tür
Die Frau
Der Abend teuer,
Der Morgen schon gedacht,
Der tag vollbracht,
Leer die vier Kammern,
Geschieden die zeit,
Die Kenntnis. Der Tod,
Das Essen vergessen.
Der Honig mit dem Zucker vertauscht,
Die Reise Verschoben.
Die Sehnen
Verspannt.

Bruno Griesel, Villa rossa, August 98

ADAM I, II ANNO DOMENI

Da
Adam geatmet
Die
Luft, erkannte
Er
Die
Erde
Und warf sich
Auf Sie
Und erkannte
Eva, da sie
Ihm geboren
Hatte zwei Kinder,
Nachdem sie
Gemeinsam haben
Verlassen den
Garten des Vaters.
Die Kinder waren
Beide vom selben
Geschlecht.
Es erschlug einer
Den anderen,
ANNO DOMENI
Es wird geboren
Noch einer,
Der hatte Keinen
Irdischen Vater, der
Hatte auch keine
Kinder.
ER STARB AM KREUZ.

B. Griesel

Der Berg

Der blick aus dem fenster
Gelb ist geschieden
Die scheide in der
                         Mitte des berges,
Gerahmt durch das fenster,
Der himmel nach oben.
Eingefaßt wird das
Gelbe vom grün.
Die grenze zum Himmel
Ist eine Kante
Aus Stein.
Der Fluß am Fuße des
Berges ist nicht zu sehen.
Die Häuser am anderen
Ufer scheinen so klein.  
Geröll ist die Scheide
Des Berges, die Sache
Von Eros Sohn (Erosion)

B. Griesel

Verlust DM 10.000

Die Börse

Leer

In der Tasche
Gewarnt vorm Geschäft,
Den Montag erwartend
Das GELD vertiert,
Dem Zufall überlassen
Die ÜBER-R-ASCHUNG
Sicher.
Den Anruf im Kopf
Das Geld verspielt
An der Börse.

Die Familie

Heimat tobt im Zimmer
Das Kind dreht sich im Kreis,
Die Puppe im Arm.
Die Puppe ist eine Nixe,
Sie kam aus dem Wasser.  
Der Weg ist versperrt,
In der Leitung das Wasser,
Sprachlosigkeit die Folge.
Die Nixe an Land.
Der Brunnen singt.  
Das Kind ist glücklich.  
Der Vater allein.  
Die Mutter hat sich
Im Keller
Im Gespinst der Gedanken
Verstrickt.
B. Griesel, Villa Rossa, August 98

Sonntag Abend

Die Zigarette im Bier
Gelöscht,
Abgestanden,
Der Tisch auf
Einem Bein.
Verschränkt die
Beine,
Der Stift führt die
Rechte Hand,
Der Stuhl, nebenan
Lädt ein
Zur Einsamkeit.

Bruno Griesel

Der Sprung - der Ursprung

Das Teil verteilt.
Versäumnis des Sprungs.
Nicht oben.
Nicht unten.
Sondern das Versprechen
Der Vielheit der vier, der Welt
Entviertelt die vier.
Die eins.
Der Ursprung
Aus der Möglichkeit
Der Null
Die Tat
Wo bleibt das
Wort.

Bruno Griesel

Die Uhr - Der Baum - Der Tanz

Die Zweige des Baumes
Ziehen durch das
Dunkel der Uhren und fangen
Die Schatten der Sonne
Auf dem Blatt des Mondes.  
Die Nacht.
Der Himmel wirft seine
Sterne in die Ruhe
Des Flusses.
Am Tag sind wir ein Boot .
Der Fluss ist nach der Brücke  
ein anderer.
Das gold der Blätter
Auf dem schwarz der
Uhren zweigt sich
In den Zeigern der
Ziffern des
Blattes,
 In der Teilung der
Äste des Baumes.
Maria, Claudia, Bruno, Sophie

Die Zeit

Es zeiht der Zeit
Nicht die Zeit.  
Es zieht die Zeit
Die Zeit.
Unsichtbar,
Die Uhr steht still
Für einen Tag.
Schwarz
In Lettern
Auf hölzernem Papier.
Es ziert die Zeitung
Den Leser.
Das Blatt welkt.
Die Zeitung ist jeden
Tag neu.

Heu ist das Gras.

Die Blume verspricht Ewigkeit.
Der Punkt geschält
Aus der Linie der Zeit
In der Form des Kreises
Der Wiederholung
Ist die Mitte
Des Blattes der Ziffern.  
Die Nadel des Zeigers
Zieht einen Kreis
Von Ost nach West
Von Nord nach Süd.
Sie teilt die Welt
Zwei mal zwölf, die Stunden
Geteilt durch Zwei,
Verrät das Jahr
Und
Die Scheidung von
Tag und Nacht.

Die Zeit hat verlassen
den Garten des Kreises
sich verliebt in die
Zeiger.
parallel zu einander
haben sie die Mitte
verlassen,
sich auf eine Linie begeben
zu verlassen den Kreis,
in selbstverliebter Dualität,
sich dem Ursprung
entfernend.
geteilt in die möglichen
Summen von Null
und
Eins.

B. Griesel

Schwarze Nüsse

Eine Schale voller
schwarzer Nüsse
in doppelter Schale,
ungewohnt, die weiche grüne
Schale nicht abgeplatzt
und freigegeben das
erdenfarbene Holz
der
zweiten Schale, vertrocknet
das Grün, im Eis
des Winters verbrannt.
Sie lagen ein Jahr im Schosse
der Erde.
Jetzt werden sie geöffnet
durch eine Frau am
Freitag morgen.


Die WAAL – Nuss, genannt
die WALL – Nuss, im inneren
viergeteilt, von zwei
Schalen versiegen,
ein gevierteilter Zwitter,
gleich einemHermaphroditen
wird sie gespalten,
gleich einem Schädel mit
zweifachem Gehirn und
wird gegessen zu Mittag
am Tage des Herrn.

Bruno Griesel, Villa Rossa, August 98

Liebe

Liebe ist eine Sucht
die Sehnen zu spannen
im Bogen der Pfeil
die Rundung gewölbt
die Weide trocken
die Eingeweide verspannt
das Herz gefüllt mit dem
Rot des Blutes
die Brüste prall,
in der Mitte die Wölbung
die Venus dazwischen
der Stab dringt ein in
die Öffnung.
Die Tür fällt zu
der Wind bläst durchs
Zimmer.
Die Beine geöffnet, die Arme
verschränkt, die Wiese getränkt
Gedankenverloren die Zeit.
Das Organ verzückt,
in der Mitte der Scheide
der Ausgang geöffnet
die Augen verschlossen
ermattet das Lager,
verschwunden der Tag,
die Nacht hat begonnen.

Bruno Griesel, Villa Rossa, August 98

Zwei Birnen

Der Weg ins Tal
führt  über die Βrücke
quer zum Fluss
geradeaus, gedacht eine Linie,
schlängelt er
in Wirklichkeit bis
zur Straße sich hin.
Auf der anderen Seite
Agnedo – in Gedanken
die kleine Bar, die alte
Frau, der Cappuccino
an der Hand meine
Tochter Maria Sophie
Claudia, den Blick
auf die Strasse gerichtet,
die Wolken am Himmel
verträumt.
In der Nacht schlecht
geschlafen, die Zigarette
im Mund, das Feuer
in der Hand.

Der Blick von Maria, der
letzte Kuss, das Herz
zerrissen, das Hemd
ganz schwarz – sitz
ich am Fenster
Agnedo am anderen
Ufer,
mit Claudia verstritten,
im letzten Augenblick
noch versöhnt, Ivana
verschlossen.
Die piazza della Neptuno
ganz fremd, die Sonne
so heiss, die Zugfahrt
zurück.
Agnedo am anderen Ufer
auf dem Rückweg zwei
Birnen auf der rechten
Seite der Straße im
Garten von Blättern
verdeckt.

Bruno Griesel, Villa Rossa, August 98